Konzeption

Konzeption Schulbegleitung
—  Integrationshilfen für Kinder und Jugendliche mit einer Autismusspektrumsstörung  —

6.      Schlußbemerkung
1.   Zielvorstellung

Viele Kinder und Jugendliche mit einer Autismusspektrumsstörung benötigen in vielen Lebensbereichen weitreichende Hilfen. Manche Familien nehmen mehrere therapeutische Hilfen in Anspruch und es herrscht zusätzlich im schulischen Bereich ein großer Bedarf an Unterstützung. Um Chancengleichheit innerhalb der Klassengemeinschaft herzustellen, kann für die Unterstützung in der Schule bei Bedarf eine Schulbegleitung hilfreich sein. Allerdings ist es gerade in Fällen mit vielen Hilfsmaßnahmen wichtig, diese gut zu koordinieren und den Austausch zwischen den involvierten Institutionen zu fördern. Je mehr Einrichtungen und Personen aber involviert sind, desto weniger hilfreich können die Hilfen zum Teil werden. So kommt es vor, dass ein gemeinsames Arbeiten in die gleiche Richtung durch zu viele unterschiedliche Maßnahmen erschwert oder sogar behindert wird.

Um dergleichen Absprache- und Koordinationsdefizite in der Zusammenarbeit möglichst zu verringern, bietet die seemann autismus autark gGmbH neben der therapeutischen Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit einer Autismusspektrumsstörung die Schulbegleitung für diese Kinder an. Wesentliches Merkmal dabei ist, dass eine Zusammenarbeit mit dem therapeutischen Team der Praxis AUTISMUS südwest stattfindet.

Sind die autismus-betroffenen Schüler parallel in Therapie in einem Autismuszentrum der PRAXIS AUTISMUS südwest, so kann verknüpfte Zusammenarbeit der involvierten Fachkräfte stattfinden um einen gut ineinandergreifenden unterstützenden Ablauf bieten zu können.

Sind die betroffenen Schüler nicht parallel in Therapie, so profitieren sie trotzdem davon, dass ihre Schulbegleiter/innen auf einem hohen fachlichen Niveau geschult und supervidiert werden.

2.  Kriterien zur Einstellung von Schulbegleitern

Die Arbeit von Schulbegleitungen erfordert hohe kommunikative Kompetenz, da die Schulbegleiter sich oft mit mehreren Rollen gleichzeitig konfrontiert sehen. Sie vertreten den Anspruch auf Nachteilsausgleich gegenüber den Lehrern, arbeiten allerdings tagtäglich sehr eng mit diesen zusammen. Sie geben den Eltern Bericht über den aktuellen Stand in der Schule, sollten allerdings die Integrität gegenüber dem Kind und den Lehrern bewahren. Sie haben engen Kontakt mit dem jeweiligen Kind und sollten dennoch in der Lage sein sich im Laufe der Zeit überflüssig zu machen um das Kind zu verselbständigen.

Für die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit einer Autismusspektrum-störung bedarf es großes Fingerspitzengefühls um die individuellen Bedürfnisse des Schülers adäquat einschätzen zu können. Die Kinder benötigen in der Schule in unterschiedlichem Ausmaß Unterstützung, da es nicht nur interindividuell (also zwischen den Schülern), sondern auch intraindividuelle Unterschiede gibt, also innnerhalb des Schülers (Tagesbefindlichkeiten, Aufmerksamkeit, Konzentration, emotionale Befindlichkeiten). Der Bedarf zur Unterstützung kann je nach Situation sehr differentiell aussehen, weswegen eine flexible Herangehensweise angebracht ist. Die BewerberInnen auf die Stelle einer Schulbegleitung sollten deshalb flexibel sein im Umgang mit ihren Hilfsangeboten an das Kind. Durch die Arbeit der Schulbegleiter sollen die Schüler mit Autismusdiagnose in ihrem schulischen Alltag mehr Selbständigkeit erlangen um damit ihre Kompetenzen zu stärken.

Pädagogisches Vorwissen sollte bei den BewerberInnen vorhanden sein, damit die weiterführenden Schulungen in der PRAXIS AUTISMUS südwest darauf aufbauend die Besonderheiten im Umgang mitautistischen Kindern vermitteln kann. Kinder und Jugendliche aus dem Autismusspektrum benötigen eine sehr differentielle Bedarfsanalyse, weshalb qualifiziertes Personal wie ErzieherInnen, KinderpädagogInnen, SozialpädagogInnen, HeilerziehungspflegerInnen oder HeilpädagogInnen gefragt sind. Allerdings ist uns Mitarbeitern bewusst, dass die Anstellung einer pädagogischen Fachkraft in Bezug auf die Bewilligung beim Jugend- und Sozialamt nicht immer einfach ist, gerade in Bezug auf Kinder, welche eine Schule für geistig behinderte Kinder besuchen. Eine Fachkraft wäre deshalb für die Stellen als Schulbegleiter wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich. Auch MitarbeiterInnen, die über einen beruflichen Quereinstieg kommen, werden von uns ausführlich geschult und supervidiert. Sie erhalten zudem den gleichen Umfang an indirekten Leistungen, auch wenn wir dies (derzeit) nicht von den Ämtern erstattet bekommen.

3.  Integration der Schulbegleitung in die PRAXIS AUTISMUS südwest

Konzept Pforzheim und Enzkreis

In Pforzheim bzw. im Enzkreis haben wir das Modell, dass die SchulbegleiterInnen eng mit den Bezugstherapeuten des betroffenen Schulkindes zusammenarbeiten. Hier werden die Supervisionen von den Bezugstherapeuten organisiert und geleistet.
Sollte das Schulkind nicht in Therapie sein, wird eine individuelle Lösung gesucht, um die gleiche Qualität an Begleitung zu gewährleisten. Für die organisatorischen Aufgaben im Bereich der Schulbegleitungen ist der Bereichsleiter Schulbegleitung zuständig, in Pforzheim ist dies Herr Sven Wolf.

Konzept Karlsruhe und Landkreis Karlsruhe

In Karlsruhe haben wir ebenfalls eine enge Vernetzung mit den Bezugstherapeuten/innen des Autismuszentrums. Hier werden die Supervisionen von zwei spezialisierten Supervisorinnen organisiert und geleistet.
Für die organisatorischen Aufgaben im Bereich der Schulbegleitungen ist der Bereichsleiter Schulbegleitung zuständig, in Karlsruhe ist dies Herr Paul Carmine. In der Verwaltung wird er unterstützt durch Frau Saller.

4.    Konzeption für die Zusammenarbeit

Um eine möglichst enge und reibungslose Zusammenarbeit zwischen dem Bezugstherapeuten des Kindes und dem Schulbegleiter zu ermöglichen, werden in den folgenden Kapiteln einige Grundsätze über die Abläufe in der Praxis AUTISMUS – Zweigstelle Pforzheim in Bezug auf Schulbegleitungen vorgestellt.
4.1    Bedarfsermittlung
Die Notwenigkeit einer Schulbegleitung sollte der Bezugstherapeut gemeinsam mit den Eltern und der Schule im Hilfeplangespräch erörtern. Oftmals wird zudem durch ein sonderpädagogisches Gutachten geprüft, ob eine Schulbegleitung angemessen ist. Das Stundenkontingent wird nach der Antragsstellung auf eine Schulbegleitung durch die Eltern meist von der Autismusbeauftragten festgelegt. Sollte eine Schulbegleitung vom Amt genehmigt werden, prüft die seemann autismus autark gGmbH ihre Möglichkeiten zur Vermittlung einer Arbeitskraft.

4.2    Briefing

Sobald ein Schulbegleiter für das Kind gefunden wurde, findet mit dem Bezugstherapeuten ein Übergabegespräch statt. Dies beinhaltet sowohl autismusspezifische Informationen zum Verständnis der Lebenswelt des autistischen Kindes, als auch individuelle Informationen zum jeweiligen Kind. Es soll bei den Schulbegleitern eine fachliche Grundlage für die Eigenheiten des autistischen Kindes geschaffen werden und Offenheit gegenüber bizarr, aggressiv oder auch stark angepasst wirkenden Verhaltensweisen erzeugt werden. Zusätzlich werden den Schulbegleitern einige Basiskompetenzen im Umgang mit autistischen Kindern vermittelt. Die spezifischen Informationen über das Kind sollten nach Relevanz für den schulischen Kontext priorisiert werden. Geplant ist für das Briefing eine einmalige Dauer von zwei bis drei Gesprächseinheiten.

4.3    Kennenlernphase

Um ein Kennenlernen zwischen dem jeweiligen Kind und dem Schulbegleiter in geschütztem Rahmen zu bieten, empfiehlt sich die Teilnahme der Schulbegleiter in zwei bis drei Therapiestunden in der Therapie. Dort kann der, dem Kind schon bekannte, Bezugstherapeut eine gemeinsame Ebene zwischen dem Kind und dem Schulbegleiter schaffen. Außerdem empfiehlt sich das Kennenlernen im Einzelkontakt und nicht erst in der schulischen Situation, um eine Überforderung des Kindes zu vermeiden.
Zusätzlich kann von Seiten des Schulbegleiters ein Hausbesuch stattfinden, so dass die Situation des Kindes und der Eltern noch transparenter für den beteiligten Mitarbeiter und ein Kennenlernen der gesamten Familie möglich wird.

4.4    Schuleinstieg

Zum ersten Gespräch an der Schule des Kindes begleitet der Bezugstherapeut oder Bereichsleiter die Schulbegleitung. Um die schulischen Problematiken allerdings zunächst einmal zu beobachten, wäre es von Vorteil, wenn die Schulbegleiter2-3 Tage im Unterricht als stiller Zuschauer anwesend ist und hospitiert. Erst danach sollte die Verteilung des Stundenkontingentes der Schulbegleitung auf die jeweiligen Unterrichtsfächer und Schulstunden vorgenommen werden. Bei der Verteilung des Stundenkontingentes wissen die Fachlehrer des Kindes am besten über dessen Verhalten und seine Organisationsdefizite Bescheid, sodass der Schulbegleiter und die Fachlehrer den Stundenplan für die Schulbegleitung festlegen. Nur in Ausnahmefällen sollte der Bezugstherapeut hierbei unterstützend anwesend sein.

4.5    Arbeitsalltag des Schulbegleiters

In der Schule kann sehr individuell definiert werden, wie der Schulbegleiter das Kind unterstützt. Der Einsatz einer Schulbegleitung soll den Schulbesuch eines Kindes erleichtern oder ermöglichen. Ziel sollte dabei sein, die Stärken des Kindes auszubauen und Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Dabei können Verstärkerpläne zum Einsatz kommen, deren Belohnungen bei den Eltern oder in der Therapie eingelöst werden. Auch hierfür ist die Vernetzung zum Bezugstherapeuten sinnvoll.
Zunächst oberstes Ziel ist der Aufbau einer stabilen Beziehung zwischen Kind und Schulbegleiter aufzubauen. Im Unterricht können Hilfen wie Handführung, Visualisierung oder strukturierte Pläne für Teilschritte zum Einsatz kommen. Außerdem können Schulbegleiter dabei helfen, das Kind in die Klasse zu integrieren und soziale Situationen zu bewältigen. Für Inspiration zu den Methoden sorgen die, im nächsten Kapitel vorgestellten, Schulungen.
Für eine vernetzte Arbeitsweise der Schulbegleiter ist der Austausch mit den Eltern, den Lehrern und den Therapeuten unerlässlich. Es bietet sich an, eine tägliche Übersicht an die Eltern über die Vorkommnisse, Erfolge und Misserfolge in der Schule per Übergabebuch zu geben. Alle vier bis sechs Wochen sollte zudem ein Statusbericht z.B. per Mail an die Bezugstherapeuten erfolgen. Gespräche aller Beteiligten am runden Tisch können bei Bedarf definiert werden.
Berichte der Schulbegleiter werden meist halbjährlich von den Ämtern gefordert. Diese Berichte gehen zunächst ein Monat vor Abgabefrist an die Bezugstherapeuten zur Korrektur und werden danach ans Amt weitergeleitet. Für das Hilfeplangespräch wird angestrebt dies multidisziplinär mit den Vertretern aus der Schule, des Schulbegleiters und dem Therapeuten stattfinden zu lassen.

4.6    Supervision und Schulung

Zur persönlichen Weiterentwicklung und zur Qualitätssicherung der Schulbegleiter werden in der PRAXIS AUTISMUS südwest regelmäßige Supervisions- und Schulungstermine angeboten.
Die Supervision findet hierzu alle zwei Wochen an einem definierten Abend oder Nachmittag statt und dauert jeweils 2 Stunden. Die Supervisionsgruppen haben i.d.R. 4-6 Teilnehmer. Nach gegebenem Stand gibt es zwei Modelle der Supervision und Schulung:

a)    Die Supervision findet separat von den Schulungsterminen statt. Die Schulungstermine finden     
        zusätzlich zu den Supervisionsterminen alle 4 Monate statt und haben eine Länge von drei
        Stunden. Bei inhaltlichen Fragen zur Arbeit im Bereich mit autistischen Kindern werden die
        Fragestellungen gesammelt und gebündelt am nächsten Schulungstermin vermittelt.

b)    Es findet eine Kombination von Supervision und Schulung statt. In diesem Modell findet jeweils zu
        Beginn des Termins eine kurze Einheit zu inhaltlichen Fragestellungen statt. Die Dauer dieser    
        Einheit sollte dabei 20 Minuten nicht überschreiten.  Im Anschluss wird die Supervision stattfinden.

In den Supervisionseinheiten sollen Problematiken im Arbeitsalltag der Schulbegleiter besprochen werden und durch den gegenseitigen Austausch Ideen zum Umgang mit herausfordernden Situationen gegeben werden.

Hauptziel der Schulungseinheiten stellt die Vermittlung von Wissen über das Thema Autismusspektrumsstörung und über die Arbeitsweise und Methoden in diesem Arbeitsfeld dar.
5.   Gedanken zu erweiterten Angeboten in Richtung Schule und Jugendhilfe

Wir sind gerne bereit in Kooperation mit der Schulsozialarbeit oder im Rahmen des außerunterrichtlichen Nachmittagsangebotes der Ganztagsschule Gruppenangebote zu gestalten, die auch offen für alle Schüler gehalten werden können. So können z.B. nichtbeeinträchtigte Schüler sensibilisiert werden für Unterschiedlichkeit.  Individuelle Erfahrungen in sozialer Bezogenheit miteinander ermöglichen dann soziales Lernen für alle, wirklich im Sinne der Inklusion.
Es besteht gegebenenfalls auch die Möglichkeit die Anzahl der Einzelmaßnahmen oder deren Stundenumfang zu verringern (mit der zu erwartenden Kostensenkung), durch ein fest in der Schule installiertes Mitarbeiterteam.

5.1 Gruppenangebote

Übergreifende Themen für Gruppen lassen sich nach gefordertem Bedarf gestalten.
Z.B. Teambildung für Klassen, die vielleicht erstmals Mitschüler mit Beeinträchtigung im Klassenverband haben.
Inhaltlich halten wir Übungen und Projekte für folgende Bereiche vor:
  •   Soziales Miteinander
  •   Lernen lernen
  •   Alltagsbewältigung

5.1 Erweiterte Elternarbeit

  • Familienentlastende Dienste, wie außerschulische Einzelbetreuung, auch Hausaufgabenbegleitung.
    Gruppenmaßnahmen, z.B. während der Ferienzeiten. Diese Maßnahmen können z.T. über
    Pflegekassenleistungen finanziert werden! Wir beraten sie gerne dazu.
  • Sonderpädagogische Familienhilfe, eine Umfeldberatung zur Bewältigung des familiären Alltags mit einem
    besonderen Kind.

Haben Sie weitere Anregungen oder Wünsche zu einem neuen Projekt? Sprechen Sie uns an, unser Team ist bereit Sie in der Umsetzung fachkundig zu unterstützen.
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